So geht Teambuilding
Die beste Teambuildingmaßnahme, an die ich mich erinnern kann, waren
Überstunden über mehrere Wochen hinweg. Inklusive Wochenenden.
Wir haben alle zusammen versucht eine Deadline einzuhalten. Unser Chef hat
palettenweise Redbull angekarrt und ab 17 Uhr durfte man auch in Grenzen
Bier trinken. Das Bier hat auch der Chef gebracht.
In den Pausen hat man uns Pizza besorgt und wir haben alle zusammen in
großen Meetingräumen gegessen. Das war schön.
Und als Dankeschön haben wir alle das damals aktuelle iPhone geschenkt
bekommen. Nicht Firmensmartphone, nein nein :). Firmensmartphones will ja
niemand, die können sich die Firmen ja quer irgendwo hinschieben :P.
Wir haben vermutlich mehr gegeben als bekommen, vor allem, wenn man die
Belastung in der Zeit bedenkt, aber als Teambuildingmaßnahme hat das bestens
funktioniert. Man sagt ja, dass es sich gemeinsam besser leidet oder so.
Und das "wir"-Gefühl war danach extrem ausgeprägt. Man war quasi im "Krieg"
mit den Kollegen :). Man fühlte sich gebraucht. Gutes Gefühl.
In einer anderen Firma ist man auf eine ganz eigenwillige
Teambuildingmaßnahme gekommen. Eine Idee war es an einen anderen Ort weit
weg zu reisen, wo wir ein "Coworking Space" anmieten, um dann dort von
morgens bis abends zu "hacken". Also quasi wie Arbeit? Nur mit noch mehr
Arbeit? Und ohne private Freizeit? Ja, klingt nach einer ganz tollen
Idee :D.
Eine andere Idee ist es in der Freizeit mit den Kollegen was zu machen.
Gokart, Bowling, Lasertag, you name it (ich kann englisch, höhö). Das
Problem hierbei ist, dass manche Mitarbeiter schon körperlich dazu nicht in
der Lage sind und man die damit ausschließt. Und manche Mitarbeiter haben
schlicht keine Lust auf Gokart, Bowling usw...meistens kostet das auch was,
und nicht jeder Mitarbeiter ist bereit dafür aus der eigenen Tasche zu
zahlen, für etwas, was ja eigentlich die Firma bezahlen sollte. Und manche
Mitarbeiter haben schlicht andere Dinge in ihrer Freizeit zu erledigen.
Manche Firmen "lösen" das Problem, indem einfach früher Feierabend gemacht
wird, so dass man den Rest der Zeit für das Teambuilding nutzen kann. Das
Problem hierbei ist aber, dass man die fehlenden Stunden nicht "geschenkt"
bekommt. Das heißt für den Mitarbeiter, der keine Lust auf Teambuilding hat,
dass er extra dafür Überstunden machen muss, um auf seine vertraglich
vereinbarte Stundenzahl zu kommen. Manche Firmen gleichen die Stunden aus,
das ist aber extrem selten.
Mal davon abgesehen, empfinde ich Teambuilding auf Basis von
Konkurrenzdenken für falsch. "ICH habe gewonnen, DU hast verloren".
Niemand nimmt das tatsächlich so toternst, aber unterschwellig bekommt
man das aufs Brot geschmiert. Und um es klarzustellen, ich war NIE
Letzter! :P
Meiner Erfahrung nach benötigen die meisten Teams gar kein "Teambuilding".
Die meisten Teams "funktionieren" auf ihre ganz eigene Weise, "einfach so".
Wenn ein Team menschlich gut miteinander harmoniert, so wird es während der
ganz normalen Arbeitszeit zusammenwachsen. Teams, die menschlich nicht
miteinander harmonieren, wird man auf jeden Fall mit Teambuildingmaßnahmen
nicht ändern. Da helfen nur andere Maßnahmen, Kündigung, Versetzung,
Einzelgespräche usw...Kollegen, die sich nicht grün sind, wird man nicht mit
einer Klangschale und besinnlichen Worten vereinen.
Häufig ist aber auch "nur" das Verhältnis zu den Vorgesetzten gestört. Wie
oft erlebe ich Kollegen, die schlagartig eine Unterhaltung unterbrechen,
weil sie den Vorgesetzten mit lauten und schweren Hacken viel zu schnell
durch den Flur marschieren hören? Und diese Vorgesetzten wollen dann dieses
Teambuilding, um ... ja, um eigentlich was zu erreichen?
Ich habe schon Vorgesetzte erlebt, die sich angegriffen fühlten, wenn ihre
Mitarbeiter zu viel lachten. Die kommen dann ins Büro und fragen, was denn
da so lustig sei und wollen auch mitlachen. Und ich zitiere keine Szene aus
Stromberg :). Dass manche Vorgesetzte "scherzhaft" darüber sprechen
Toilettengänge zeitlich zu buchen, hilft da leider auch nicht weiter.
Manche Vorgesetzten verhalten sich da teilweise wie Kinder. Die werden
teilweise bockig, wenn sich die Mitarbeiter zu gut verstehen und die Zeit
im Büro genießen. Verrückt :). Die kommen dann aus ihrem Büro mit einer
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geschossen, oder mit irgendeiner komischen
Frage, die jetzt gerade ganz dringend sei :rolleyes: :D.
Ich habe bisher immer in Teams gearbeitet, die auf persönlicher Ebene gut
miteinander funktionierten. Aber fast immer war das Verhältnis mit den
Vorgesetzten gestört. Ich weiß auch nicht, wieso das so ist, aber das ist
meine Beobachtung. Ich hatte bis jetzt nur einen guten Vorgesetzten, im
Landeskrebsregister NRW. Mit allen anderen war ich nie zufrieden, habe sie
aber akzeptiert und "machen lassen".
Im Landeskrebsregister NRW haben wir Firmenausflüge gemacht und an dem Tag
frei bekommen. Wir waren zuletzt im Zoo. Klingt bescheuert, aber wir
frühstückten zusammen und haben den Tag miteinander verbracht. Kein
Konkurrenzdenken, keine körperliche Anstrengung und am besten: man musste
dafür keine Arbeitszeit opfern.
So geht Teambuilding :)!
Man könnte mir vorwerfen, dass ich ein "Stinker" bin, da ich keine Lust
habe in meiner Freizeit etwas mit meinen Kollegen zu unternehmen, aber es
liegt ja nicht an den Kollegen, sondern daran, dass es Freizeit ist. Ich
investiere pro Tag locker 10 Stunden, um meinem Arbeitgeber arbeitsbereit
zur Verfügung zu stehen. Den Rest der Zeit würde ich gerne nicht in einem
Arbeitsumfeld verbringen und auch nicht mit Arbeitskollegen, denn es sind
Arbeitskollegen und keine Freunde. Aus Arbeitskollegen können natürlich auch
Freunde werden, aber in erster Linie sind es nur Arbeitskollegen. Natürlich
pflege ich auch mit Arbeitskollegen einen guten Umgang und mir ist es
wichtig als Team zu funktionieren, aber privat gehen die Interessen dann
meiner Erfahrung nach zu weit auseinander, als dass ich mit meinen
Arbeitskollegen was unternehmen wollte.
Klingt beinahe wie eine Rechtfertigung :). Ist vermutlich auch so.